Die Reise – Der Bericht von Eric

Freitagmorgen, 30.10.09 kurz nach Mitternacht, sind wir aus Kalifornien zurückgekehrt. Für diejenigen, die das Geschehen nicht in der Presse mitverfolgen konnten, hier eine kurze Zusammenfassung. Zur Illustration findest Du Bilder unter http://usa2009.nx4u.deDonnerstag, 22.10.2009 Abflug um 6 Uhr vom Euro-Airport nach Amsterdam. Die Band ist seit drei Stunden auf den Beinen, sieht aber verhältnismäßig wach aus. Von den Niederlanden geht es mit einer etwas betagten 747 direkt nach San Francisco. Leichte Turbulenzen über den Rocky Mountains, ansonsten gemütlicher Flug. Ankunft SF um 13 Uhr (22 Uhr MESZ). Der bestellte Van entpuppt sich im Format als naher Verwandter eines europäischen Großraumtransporters, allerdings mit Gewicht und Verbrauch eines Sherman-Panzers. Die Rede ist von einem Ford F-150: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,463237,00.htmlDer Nx4U TruckAber nicht nur das Auto ist durstig, die Band ist es auch: Kurzer Zwischenstopp im Supermarkt. Der amtliche Treibstoff heißt „Anchor Steam“. Den gibt es aber erst im Motel in Mountain View, denn in Kalifornien darf sich nicht einmal der Beifahrer beim Biertrinken erwischen lassen.Eingecheckt wird im „Best Western“; preiswert und gemütlich, sieht man mal davon ab, dass seit dem letzten Erdbeben die Laubengänge in sämtlichen Stockwerken einen dezenten Knick haben. Nach dem Entpacken der Koffer und einem kleinen Imbiss geht es direkt weiter zur Half Moon Bay ins OPL (www.oldprincetonlanding.com), wo der erste Auftritt stattfindet. Als die Band die Bühne entert, liegt der letzte Schlaf 36 Stunden zurück, die Gitarren, die man uns in die Hand drückt, sind von einer temperierten Stimmung meilenweit entfernt und auf Nachfrage nach einem Stimmgerät erntet man Blicke nach dem Motto: „Was? Ihr wollt auf gestimmten Gitarren spielen?“ Also stimmen wir nach der Drehorgel, die den Flug offenbar besser als NX4U überstanden hat. Danach geht es los, schlagartig sind die Akteure wieder wach: Es geht halt nichts über jahrzehntelange Routine. Das Publikum staunt: Okay, die Stücke kennt man, aber was haben diese Krauts da für einen merkwürdigen Kasten mit Kurbel dabei? „Slowpoke“ mit Drehorgelsolo – da wundert man sich selbst im Land der begrenzten Unmöglichkeiten (oder wie das heißt).Nach dem Gig eine einstündige Rückfahrt ins Motel, nach 40 Stunden endlich ein Bett.Freitag, 23.10.:Tagsüber Erholung am Pazifikstrand, ein gutes Stück abseits eines Seelöwen, der nicht nur tot ist, sondern auch so riecht. Die Möwen scheinen sich trotzdem über den Imbiss zu freuen. Die Band bevorzugt die nächste Imbissbude, die auch Anchor Steam ausschenkt, und begibt sich in die Berge, vorbei an Neil Youngs Stammkneipe „Mountain House“. Zwischenstopp in „Alice’s Restaurant“, um sich mit Kaffee und Souvenirs einzudecken. Am späteren Nachmittag Weiterfahrt nach Saratoga Springs zum International Rust Fest. Verwunderung bei NX4U: Sämtliche Bands spielen zwar Neil-Young-Stücke, aber kaum ein Gitarrist spielt eine Les-Paul-Gitarre. Folglich drückt man uns vor unserem Auftritt jeweils eine Fender Stratocaster in die Hand. Der Monitoranlage lässt sich trotz verzweifelter Gesten in Richtung Mischpult kein Gesang entlocken, der Bühnensound der Instrumente ist unter aller Kanone. Da hilft nur der alte Trick: Verstärker aufreißen. Spielt ja eh keine Rolle, wenn man sich schon nicht selbst singen hört. Und plötzlich ist er da, der gute alte NX4U-Sound: Satt, druckvoll und, nun ja, ein kleines bisschen laut. Dem Publikum, das immerhin im Gegensatz zur Band den Gesang deutlich vernimmt, gefällt es; heftiger Beifall und „More“-Rufe nach dem letzten Stück. Nach der Zugabe stellen wir die Instrumente zur Seite und verlassen das Bühnenzelt – und wer kommt angefahren? Richtig geraten, der Sheriff von Saratoga Springs, der den Veranstalter bittet, es etwas leiser anzugehen. Mit unschuldigen Blicken defilieren wir, höflich grüßend, am Sheriff vorbei..sheriff.jpgSamstag, 24.10.:Vormittags Einkaufsbummel in Oakland. Hüte kaufen ist angesagt, für Eric den gewohnten Western-Style und für Heinz (das allerdings erst zwei Tage später) einen Pork Pie, und das natürlich in _dem_ Hutladen in Oakland überhaupt, da, wo alle großen Stars einkaufen, nämlich in „The Hat Guys“. Dort hängt eine Autogrammgalerie der zufriedenen Stammkunden mit Widmungen für ihren Lieblingshutladen. John Lee Hooker war dort ebenso vertreten wie Carlos Santana. So beschlossen wir, dass der Laden für NX4U auch gut genug ist… (www.hatguys.com)Nachmittags bis Mitternacht dann Besuch des Bridge School Benefit: www.bridgeschool.org/events/concert.php Von Ausnahmen abgesehen, relativ wenige in Deutschland bekannte Namen, abgesehen natürlich vom Meister selbst: Neil Young mit viel Spielfreude und etlichen schönen Stücken im Gepäck. Ob er seinen Hut auch bei „The Hat Guys“ gekauft hat, war leider nicht in Erfahrung zu bringen.Sonntag, 25.10.:Zweiter Tag des Bridge School Benefits. Da das Programm in wesentlichen Teilen dem des Vortags entspricht, beschließt ein Teil der Band, den Jetlag auszukurieren und erst gegen Abend, wenn Neil Young auftritt, ins Shoreline-Amphitheatre einzufallen. Zwei Dollar kostet die Busfahrt dorthin, und Heinz, Theo und Eric hoffen, dass im Fahrpreis auch eine Lebensversicherung enthalten ist, denn der Fahrer prügelt seinen altersschwachen Bus wie eine gesengte Sau durchs Silicon Valley.Unser dritter Auftritt, für Montag oder Dienstag angepeilt, entfällt leider, da die amerikanischen Kollegen, die Flo kontaktiert hatte, es nicht schaffen, eine Lokalität samt Verstärkeranlage aufzutreiben. Schade, also beschließen wir, uns in San Francisco als Touristen aufzuführen.Montag, 26.10.:Abfahrt nach San Francisco. Am Tag, nachdem wir die Bay Bridge auf dem Oberdeck überquert haben, reißt dort ein Stahlseil und legt den Verkehr tagelang lahm. Wir legen Wert auf die Feststellung, dass wir daran unbeteiligt waren! Siehe auch www.baltimoresun.com/ktxl-news-baybridge-update3-1030,0,6143144.story Uli macht den Fremdenführer und brettert durch die steilsten Straßen. Theo: „Das ist ja wie Silver-Star fahren im Europapark!“ Oberhalb der Golden Gate Bridge werden Bandfotos gemacht. Danach Sausalito: Waldo Point Harbor, eine malerische Hippie-Kolonie auf Hausbooten. Anschließend Einchecken im Hotel und ab ins Getümmel. Das Hotel „Mark Twain“ erweist sich als standesgemäß; im Zimmer gegenüber hat nämlich, wie ein Schild verkündet, am 22. Januar 1949 Billie Holiday übernachtet. Gegen Mitternacht sind die Cable Cars leer; die einzigen Fahrgäste sind gewisse Musiker aus Waldkirch, die von einer Endstation zur anderen und wieder zurück fahren. Der Fahrer ist gut drauf und hält mitten auf den Kreuzungen, damit wir fotografieren können.Dienstag, 27.10.:Schnäppchenfieber: NX4U fällt in den Apple Store ein und kauft iPods, bis die Kreditkarten qualmen. Die Preise liegen ein gutes Drittel unter denen in Deutschland. Nachmittags ist Chinatown angesagt. Beim abendlichen Bummel große Erheiterung üner eine Ladenkette namens „fcuk“. Richtig geraten, wir haben auch erst etwas anderes gelesen… 🙂uli_497.jpgMittwoch, 28.10.:Nach dem Kofferpacken steuert Uli unseren Panzer Richtung Haight-Ashbury und parkt ihn mit dem zielsicheren Instinkt eines langjährigen Musikers direkt vor einem Musikgeschäft, was wir aber erst beim Aussteigen bemerken. Die ausgestellten Instrumente, darunter zahlreiche Exoten wie Dobro-Gitarren und Rickenbacker-Elektromandolinen verlangen nach schier unmenschlicher Selbstbeherrschung; immer wieder zuckt die Hand in Richtung Brieftasche. Nur mit einem Höchstmaß an Selbstüberwindung schaffen wir es, mit nicht mehr als ein paar Musikfachzeitschriften (wenigstens das musste sein!), den Laden zu verlassen.Überraschung auf dem Flugplatz: Unsere Maschine war zwar pünktlich in Amsterdam losgeflogen, musste aber wegen eines Defekts wieder umkehren, das Ersatzflugzeug erschien dann mit fünf Stunden Verspätung. Dadurch war der Anschluss von Amsterdam nach Basel natürlich im Eimer, womit sich die gesamte Verspätung für uns auf acht Stunden aufsummierte. Am 29./30., also gegen Mitternacht, war dann die Combo wieder im heimatlichen Waldkirch angelangt. Zeit, sich vom Jetlag zu erholen – außer für unseren Kollegen Heinz: Der muss am frühen Samstagmorgen in Sachen Kirchenorgeln gen fernen Osten jetten…Viele Grüße aus Waldkirch

One Response to “Die Reise – Der Bericht von Eric”

  1. Martin sagt:

    Großartiger Bericht, Eric! Es war schön, Euch getroffen zu haben.